Streit um Kirchenasyl (12.02.2015)

  1. Streit um Kirchenasyl (12.02.2015)

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Seit zwei Wochen wird über das Kirchenasyl gestritten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte den Kirchen vorgeworfen, sie würden sich damit über das Recht stellen. Dafür hat er heftige Kritik eingesackt, und trotzdem hat er jetzt noch mal eine Schippe obendrauf gelegt und gesagt, Kirchenasyle seien keine Einzelfälle mehr. Dazu sagt die Kirche: Es gibt derzeit 350 bis 400 Menschen im Kirchenasyl – mehr als vor einem Jahr, einfach weil es insgesamt mehr Asylsuchende gibt.

Den neuen Vorwurf des Innenministers, die Kirchen würden zum Teil systematisch Abschiebungen verhindern, hält Bischof Volker Jung von der Ev. Kirche in Deutschland für komplett falsch:

Es gibt keine systemische Vorgehensweise, die sagt, wir müssten jetzt viele Kirchenasyle machen, um die Politik dazu zu bewegen, über Dublin III nachzudenken. Davon kann überhaupt gar keine Rede sein.

Ganz im Gegenteil: Bitten um ein Kirchenasyl werden an die Kirchengemeinden im Notfall herangetragen. Für die Kirchengemeinde bedeutet das eine große Belastung:

Kirchengemeinden prüfen genau, ob sie in der Lage sind, diese Belastung wirklich | gemeinsam mit den Flüchtlingen tragen zu können, denn das ist wirklich keine komfortable Situation, sondern es bleibt auch dann eine absolute Ausnahmesituation.

Flüchtlinge im Kirchenasyl genießen den Schutz vor der Abschiebung – so die Verabredung zwischen Kirchen und Staat. Das bedeutet: Die Polizei holt Flüchtlinge dort nicht raus.

Die Flüchtlinge werden die Kirchenräume nicht verlassen können! Das ist eine Einschluss-Situation! Das heißt, es braucht ein Team von Menschen, die für das Essen sorgen, aber auch für sonstige Bedürfnisse, die einfach bereitstehen, die Flüchtlinge zu begleiten.

Dass das Kirchenasyl trotzdem in Einzelfällen nötig ist, zeigt der Erfolg: In 70 – 80 % der Kirchenasylfälle kommen die Behörden hinterher zu dem Ergebnis: Deutschland darf diese Menschen wirklich nicht abschieben. Das Kirchenasyl bleibt damit eine Hilfestellung für die Flüchtlinge und den Staat, sagt Volker Jung, löst aber die Flüchtlingsproblematik nicht generell. Dazu brauche es endlich eine andere Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa.

Stefan Erbe, Evangelische Redaktion