Sie erinnern sich sicher an das Flüchtlingsunglück vor der italienischen Insel Lampedusa im vergangenen Herbst. 400 Menschen waren damals ertrunken.
Vor wenigen Tagen sind jetzt 12 Flüchtlinge vor der griechischen Insel Farmakonisi ertrunken. Das sind zwar weitaus weniger, aber warum sie gestorben sind, lässt einem den Atem stocken. Karl Kopp von „Pro Asyl“ sagt, die Flüchtlinge waren gerade noch 100 Meter von der Küste entfernt …
… und dann gibt es zwei Versionen: Die Küstenwache sagt: „Wir wollten retten, und dabei sind 12 Menschen (3 Frauen, 9 Kinder), | gestorben.“
Die Version der Überlebenden, die schwerst traumatisiert jetzt in Athen sind, sieht anders aus. Sie sagen: | „Wir wurden beleidigt, es gab Warnschüsse, unter Waffengewalt wurden wir mit hoher Geschwindigkeit zurückgezogen Richtung Türkei.“
Die Geschwindigkeit war zu hoch, und das Boot mit den Flüchtlingen im Schlepptau kenterte. Die Frauen und Kinder ertrinken vor den Augen der Küstenwache. So berichten das die Überlebenden dem Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen UNHCR. Europareferent Karl Kopp von der Flüchtlingsorganisation „Pro Asyl“ ist selbst nach Athen gereist, um mit den Überlebenden zu sprechen. Er sagt: Die Küstenwache rettet nicht, sie drängt die Flüchtlinge gewaltsam zurück, und das nicht nur dieses Mal:
Was in Griechenland geschieht, ist, | dass es zu Misshandlungen kommt, zu Beleidigungen, und dass in lebensgefährdender Art und Weise Menschen zurückgeschleppt werden unter Gewaltandrohung oder Ausführung von Gewalt.
„Push back“ – „zurückdrängen“ – so nennt sich das System, mit dem die griechische Küstenwache hier vorgeht. Das hat „Pro Asyl“ schon im November in einem Bericht dargelegt, der vom UNHCR und vom Menschenrechtskommissar des Europarates im Kern bestätigt wird.
Jetzt kann die griechische Regierung, die jetzt auch noch die EU-Präsidentschaft hat, nicht mehr sich wegducken. Der Druck ist hoch.
Karl Kopp fordert deshalb eine lückenlose Aufklärung, Hilfe und politisches Handeln:
Das Boot muss geborgen werden. | Die Leichen müssen geborgen werden. | Die zweite Forderung ist, dass man alles tut, dass die Überlebenden jetzt die psychologische medizinische Behandlung bekommen, die sie brauchen. Die Leute sind in Schockstarre, sie sind zusammengebrochen. | Und es muss enden! | Es muss Schluss sein der Zurückweisung, es muss Schluss sein mit diesem Sterbenlassen!
Stefan Erbe, Evangelische Redaktion