30 Jahre Kirchenasyl – und es wird schwieriger (11.09.2014)

  1. 30 Jahre Kirchenasyl – und es wird schwieriger (11.09.2014)

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Eigentlich sollte ja hier bei uns im Rechtsstaat alles richtig geregelt sein. Vor 30 Jahren haben die Kirchen aber gesagt: Wir graben eine uralte Tradition wieder aus, um den Menschen zu helfen, die auf der Flucht sind, erklärt Fanny Dethloff von der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche:

Schon im Griechischen, aber auch im Alten Testament, gab es solche Asyl-Orte.  Im demokratischen Rechtsstaat hatte man nie gedacht, dass man so etwas brauchen würde, und hatte eben vor 30 Jahren dann aber palästinensische Familien, die in den Libanon zurückgeschoben werden sollten und wirklich in Panik waren, und da hatten die ersten Kirchengemeinden in Berlin gesagt: „Wir nehmen die jetzt ins Kirchenasyl!“

Seitdem haben sich immer mehr Menschen in Kirchengemeinden um Flüchtlinge gekümmert, seit 20 Jahren besteht die ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche. Fanny Dethloff war jetzt 10 Jahre lang Vorsitzende. Die Zahl der Kirchenasyle steigt in den letzten Jahren, sagt sie. Zur Zeit sind mindestens 240 Menschen in Deutschland im Kirchenasyl. Ein Beispiel:

Da war z.B. eine Familie, die aus Syrien kommt, nach Italien zurücksollte, wo der Mann MS-krank war. Und alle ihre Verwandten waren in Deutschland. Und weil die vor Furcht abgetaucht sind, war eben die Frage, wer schützt sie jetzt 18 Monate vor der Rückschiebung nach Italien. Und das hat eben eine Kirchengemeinde dann gewagt.

Ein typischer sogenannter „Dublin-Fall“: Flüchtlinge müssen in das europäische Land zurück, in dem sie zuerst europäischen Boden betreten haben, zum Beispiel Italien. Für Fanny Dethloff ein typisches Beispiel dafür, dass Behörden dabei übersehen, was menschlich und laut Menschenrechten notwendig und richtig ist.

Und es wird schwieriger: Während bislang Flüchtlinge meist bis zu 6 Monate Kirchenasyl in Anspruch nehmen mussten, bis sie einen Antrag auf Asyl stellen dürfen, strecken die deutschen Behörden die Fristen zunehmend auf 18 Monate – weil die Behörden die Flüchtlinge zunehmend als Untertaucher ansehen.

Es ist ärgerlich, dass das, was wir ja machen im Kirchenasyl, wir informieren die Behörden, dass die Leute sich bei uns befinden, wir sagen den Ausländerbehörden aber auch dem Bundesamt immer Bescheid. Dass das trotzdem dann als sog. Untertauchen gewertet wird, darüber wird es sicherlich dann auch noch entsprechende Rechtsstreitigkeiten geben.

Stefan Erbe, Evangelische Redaktion