Die beiden großen Kirchen haben gestern gemeinsam in Erfurt die „Woche für das Leben“ eröffnet. Nach dem Gottesdienst im Dom gab es eine Podiumsdiskussion zum Thema, wie man menschenwürdig stirbt. Im christlichen Hospiz St. Martin kann man genau das erleben. Eigentlich müsste es dort ja unglaublich traurig sein, oder?
Nee, hier wird sehr viel gelacht. Eigentlich jeden Tag. Wir haben ja eben das große Glück oder die Möglichkeit, dass wir’s noch so schön wie möglich machen können. Und das ist wiederum eine große Befriedigung.
Bei Schwester Babette im Hospiz St. Martin sieht es nicht aus wie in einem Krankenhaus. Es ist viel freundlicher. Die Wände sind farbig, es hängen Bilder an den Wänden. Hospiz-Leiterin Gabriele Gnodtke geht durch das gemütliche Esszimmer mit Wohnküche raus auf den Balkon:
Es kommt sehr oft Besuch, weil es wird ja hier miteinander gelebt. Wie Sie sehen. Sehen Sie, es ist sogar ein Bett draußen, mit einer jungen Patientin.
Es ist angenehm warm. Auf dem Balkon sitzen Menschen in der Sonne und unterhalten sich. Auf den ersten Blick kann man nicht sehen, wer Patient ist und wer Angehöriger. Sonntagsstimmung: Ruhig ja, aber gar nicht traurig.
Man richtet sich auf die paar Tage, die man hat, mehr oder weniger … dass man noch einigermaßen normal leben kann.
Ingrid Ortleb ist schon seit vier Wochen da. Das ist länger als die durchschnittliche Verweildauer von 16 Tagen. Gerade sitzt sie in einem Sessel im „Roten Salon“. Hier im Hospiz ist sie noch mal richtig auf die Beine gekommen. Man sieht ihr gar nicht an, dass sie sterbenskrank ist. Ganz im Gegenteil:
Freitags ist unser Kochtag. Das wird selber gekocht. Ich hab mir schon ein paar Mal was gewünscht.
Und dann steht sie auch selbst in der Küche.
Na klar. Wenn ich’s kann, mach ich das. Na klar! (lacht)
Keine Todesstimmung, gar nicht. Den Menschen hier geht es offensichtlich gut. Auch, weil von vielen die Angehörigen hier auch wohnen. Trotzdem: Hier stirbt fast jeden Tag jemand, sagt Marvin, der im Hospiz St. Martin sein FSJ macht. Das ist schon nicht so einfach …
… weil ich auch schnell eine innige Beziehung aufbaue zu den Menschen. Da muss man natürlich gucken, dass das immer noch im richtigen Maß bleibt. Und das lerne ich noch. Ich begreife den Tod als Prozess zum Leben, dass er zum Leben dazu gehört.
Vor ihrem eigenen Tod hat Patientin Ingrid Ortleb viel weniger Angst als vorher:
Der Gedanke, dass heute das letzte Mal wäre – Kann ja passieren! –, das ist für die Angehörigen schwerer zu verkraften, als vielleicht für mich. Weil ich das ja täglich die letzten Wochen vor Augen hatte.
Stefan Erbe, Evangelische Redaktion